Bereits 2015 stufte die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein. Seitdem gibt es zahlreiche Studien, die auf einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs hindeuten. Aktuelle Studien bringen das Ackergift zudem mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung. Unsere Studie zur Pestizidbelastung der Luft zeigt außerdem, dass Glyphosat sich überall in unserer Atemluft befindet – egal, ob wir in Städten oder ländlichen Gebieten wohnen. Welche Auswirkungen die Aufnahme von Glyphosat und anderen Pestiziden über die Lunge auf unsere Gesundheit hat, ist aktuell noch unerforscht. Bei Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt tötet es Studien zufolge jedoch im Darm Bakterien ab, die eigentlich für unsere Verdauung wichtig sind. Ebenso erschreckend: Fast alle Deutschen haben bereits Glyphosat im Körper. Das konnten wir mittels des Citizen-Science-Projekt Urinale im Jahr 2015 nachweisen, indem wir über 2.000 Urinproben auf Glyphosat-Rückstände untersucht haben.
Glyphosat hat massive Auswirkungen auf Umwelt und Artenvielfalt. Unsere Studie zur Pestizidbelastung der Luft zeigt, dass sich Glyphosat über die Luft in ganz Deutschland verbreitet. So gelangt es auch in Städte und Naturschutzgebiete – weit abseits von Äckern. Das Herbizid belastet unsere Böden und schädigt dort unter anderem die für die Bodengesundheit wichtigen Regenwürmer, wie eine Studie des österreichischen Forschungsteams BOKU zeigt. Und auch für unsere Gewässer ist Glyphosat eine Gefahr. Denn laut der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ist es als „giftig für Wasserlebewesen“ eingestuft. Besonders Amphibien reagieren äußerst sensibel auf glyphosathaltige Pestizide: Es stört ihre embryonale Entwicklung und gefährdet so das Überleben von Kaulquappen. Indirekt belastet das Unkrautvernichtungsmittel ebenfalls die biologische Vielfalt, denn als Totalherbizid tötet Glyphosat flächendeckend alle Wildpflanzen ab, die auf dem Acker wachsen. So gefährdet es nicht nur die pflanzliche Vielfalt, sondern auch die der Tiere, die an diese Ackerlebensräume gebunden sind – insbesondere Insekten und Vögel. Zahlreiche Bestäuber und Insekten schädigt Glyphosat zudem auch direkt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass glyphosathaltige Pestizide massive Auswirkungen auf Insekten haben, wenn diese das Ackergift über die Nahrung aufnehmen. Zudem beweisen zahlreiche Studien die schädlichen Auswirkungen von Glyphosat auf Bienen, welche in einem aktuellen Bericht von PAN Europe zusammengefasst werden.
Dass es auch ohne Glyphosat geht, beweisen Millionen Bio-Bäuer*innen und -Bauern auf der ganzen Welt tagtäglich – mit Erfolg! Sie verwenden weder Glyphosat, noch andere chemisch-synthetische Pestizide und setzen stattdessen auf Fruchtfolgen, Nützlinge und mechanische Unkrautbekämpfung.Ein neuer Bericht von PAN Europe zeigt detailliert, dass es für alle bekannten Hauptanwendungen von glyphosathaltigen Herbiziden wesentlich sicherere, nicht-chemische Alternativen gibt. Der Bericht zeigt auch Maßnahmen auf, wie der Übergang zu einer glyphosatfreien Landwirtschaft auch wirtschaftlich tragfähig ist.Wer Bio kauft, unterstützt damit also eine Landwirtschaft, die kein Glyphosat und andere chemisch-synthetische Pestizide nutzt, und kann so dazu beitragen, den Einsatz von Glyphosat endlich zu stoppen!
Aktuell ist Glyphosat in der EU bis zum 15. Dezember 2023 genehmigt. Voraussichtlich im Juli 2023 wird die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Schlussfolgerung zur Risikobewertung von Glyphosat vorlegen. Nach Abschluss dieser Prüfung legt die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag über die weitere Genehmigung oder Nicht-Genehmigung von Glyphosat vor, über den die EU-Mitgliedsländer dann im zuständigen Ausschuss (SCoPAFF) abstimmen. Die Abstimmung wird voraussichtlich Herbst dieses Jahres stattfinden.Bei der Abstimmung ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten nötig. Das heißt konkret: Stimmen auf europäischer Ebene mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung repräsentieren, gegen die Wiederzulassung, wird das Totalherbizid auf europäischer Ebene verboten. Allein Deutschland und Frankreich repräsentieren zusammen fast 34 Prozent der europäischen Bevölkerung. Deshalb ist eine starke Stimme Deutschland gegen die Wiederzulassung bei der kommenden Abstimmung enorm wichtig.
Die deutsche Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, Glyphosat bis Ende 2023 in Deutschland vom Markt zu nehmen. Doch noch ist unklar, ob ein nationales Anwendungsverbot überhaupt in Einklang mit dem europäischen Recht stehen kann, sollte Glyphosat dieses Jahr auf europäischer Ebene erneut zugelassen werden. Das lässt die deutsche Bundesregierung aktuell rechtlich prüfen. In anderen EU-Ländern, wie z.B. Luxemburg ist ein nationales Glyphosat-Verbot aufgrund fehlender Rechtsgrundlage bereits gescheitert. Unter anderem deshalb ist es essenziell, dass Deutschland auch auf EU-Ebene gegen die weitere Genehmigung von Glyphosat stimmt. Denn nur im Fall eines EU-weiten Verbots ist der Ausstieg in Deutschland rechtssicher.