Und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in diesen Lieferketten sind dringend notwendig. Mehr als 25 Millionen Menschen leiden unter Zwangsarbeit. 73 Millionen Kinder werden ausgebeutet und schuften unter schlimmsten Bedingungen beispielsweise für unsere Schokolade, unseren Kaffee und unsere Smartphones. Der erste Gedanke, das sind sicherlich Firmen aus anderen Ländern, denn bei uns gelten ja faire Standards - stimmt leider nicht. Denn kein anderes Land ist so intensiv in diese globalen Lieferketten involviert wie Deutschland! Unser Wohlstand hängt von diesen Handelsbeziehungen ab. Wir können da nicht wegschauen! Wir haben einen erheblichen Anteil an diesen Lieferketten und unser faires Handeln hätte einen maßgeblichen Einfluss auf bessere Bedingungen. Und doch erfüllen weniger als 20% der Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht beim Thema fair. Wäre es nicht vielleicht schon vor Jahrzehnten naheliegend gewesen, diesen Missstand gesetzlich zu regeln und für fairen Handel zu sorgen?
Die Idee des fairen Handels ist nicht neu - den Anfang machten in Deutschland 1970 etwa 30.000 Menschen bundesweit, die an den so genannten „Hungermärschen“ teilnahmen. Ihr Protest richtete sich gegen die wachsende Benachteiligung von Produzent aus dem Globalen Süden am Weltmarkt. Mit dem Ziel einer politischen Bewusstseinsbildung wurde die „Aktion Dritte Welt Handel“ gegründet. Gleichzeitig gründeten sich die ersten Fair-Handels-Unternehmen. Mit der Gründung von TransFair (Fairtrade Deutschland) und der Ausweitung des Vertriebs auf Supermärkte, Bio- und Naturkostläden schaffte es der Faire Handel ab den 90er Jahren auch in den Mainstream-Handel. Für einen wirklichen allgemeinen Wandel zu fairen Bedingungen reichen die Bestrebungen aber leider nicht aus.
Um dem Thema mehr Gewicht zu geben, haben die Vereinten Nationen und OECD deshalb Vorschläge gemacht, wie Unternehmen in globalen Lieferketten ihre Sorgfaltspflicht erfüllen sollen, um solche Missstände zu verhindern. Es steht jedem Land frei auf Freiwilligkeit zu setzen oder die Vorschläge gesetzlich zu verankern. In Deutschland setzte man zunächst auf die freiwillige Einhaltung der vorgeschlagenen Standards zur Verbesserung der fairen Lieferketten. Ein Monitoring zeigte allerdings, dass sich zu wenig deutsche Firmen an freiwillige Vorgaben halten, woraufhin im Januar 2023 endlich das Lieferkettengesetz verabschiedet wurde. Hoffentlich ein erster Schritt zu mehr Fairness.
Es gab und gibt aber auch Unternehmen, die immer schon fair gehandelt haben und die faire Handelsbeziehungen auf Augenhöhe zum Grundsatz ihrer Firmenphilosophie definiert haben. Einige dieser Pioniere wollen wir Ihnen in diesem TUTGUT! Monat vorstellen und damit ihre Vorbildfunktion hervorheben und ins richtige Licht setzen. Das sind zum Beispiel Rapunzel und Sonnentor, aber auch viele weitere Firmen, die Sie bei uns im Sortiment finden. Zertifizierungssiegel oder Programme wie Fairtrade, UTZ-certified, Rainforest Alliance, We care, Hand in Hand oder auch das Gemeinwohlsiegel schaffen ebenfalls Transparenz.
Es lohnt sich genau hinzuschauen, wo Produkte herkommen und unter welchen Bedingungen sie produziert werden: Um 100% nachhaltig zu sein, sollten im Werteverständnis der Erzeuger und Konsumenten faire Handelspraktiken mit ökologischen Anbaumethoden kombiniert werden. Denn es ist zwar lobenswert, wenn Erntehelfer fair entlohnt werden, aber beim konventionellen Anbau z.B. in Feldern stehen, auf denen giftige Pestizide und Herbizide verwendet werden, mit denen sie in Kontakt kommen.
Mit einem bewussten Konsum kann jede und jeder einzelne von uns zu mehr Fairness beitragen.